Bildung braucht Persönlichkeit: Wie lernen gelingt

In der Schulgestaltung sollte unbedingt, vermehrt darauf geachtet werden, dass Behördenvertreter, Lehrer, Pädagogik- und Didaktikprofessoren gemeinsam neue Unterrichtskonzepte entwickeln und dabei Ergebnisse der Neurobiologie mit einbinden.

Nötig ist eine intensive Dreiecksbeziehung zwischen Psycho-Neurowissenschaftlern, Pädagogen-Didaktikern und Schul-, Erwachsenen – und Weiterbildungspraktikern.

Derzeit besteht in Deutschland weder über die eigentlichen Ziele noch über Form und Inhalte der schulischen Ausbildung Einigkeit.

Neben der reinen Wissensvermittlung sollte u.E. mehr Wert auf eine positive Persönlichkeitsentwicklung der Schüler gelegt werden.

Es ist eine Aufgabe der Schule, sowohl umfassend gebildete als auch selbstwirksame Persönlichkeiten in das Leben zu schicken.

Den Schülern sollte dabei vermittelt werden, ihren eigenen Zielen konsequent zu folgen, aber auch flexibel auf Chancen zu reagieren, auf das eigene Wohlbefinden zu achten und ihre Fähigkeiten zum Wohle der Gesellschaft einzubringen.

Die gesicherten Erkenntnisse der Hirnforschung und der Psychologie müssen deshalb bei der Ausgestaltung der schulischen Ausbildung unbedingt mehr Beachtung finden.

Lehren und Lernen finden stets im Rahmen der Persönlichkeit des Lehrenden und Lernenden statt.

Die Persönlichkeit eines Schülers bestimmt maßgeblich den Lernerfolg; es gehört zu den Aufgaben des Lehrers, sie positiv zu beeinflussen.

Inwiefern Schüler gerne und gut lernen, Vertrauen in die eigenen Talente haben und sich selber nicht überschätzten, hängt ganz stark von der Persönlichkeit ab.

Wenn es gilt, dass kein Schüler ist wie der andere, dann gilt dies wohl auch für den Lehrer.

Die Psychologie geht davon aus, dass die Persönlichkeit der Menschen aus verschiedenen Merkmalen konstruiert wird, die jeweils unterschiedlich stark ausgeprägt sind.

Die Psychologie kennt verschiedene Ansätze zur Klassifikation der Persönlichkeit. Während einige Menschen zum Beispiel eher impulsiv oder extrovertiert sind, können andere introvertierter oder ängstlicher sein.

Für die Hirnforschung entsteht die Persönlichkeit im Gehirn. Ein wesentlicher Teil wird angeboren und der andere Teil durch Umwelteinflüsse bestimmt.

Psychische Ausgeglichenheit wird über eine teils genetisch, teils über Umwelteinflüsse und eigene Erfahrungen bedingte, höchst komplexe, aber recht stabile Interaktion vieler Botenstoffe und Hirnzentren bewirkt.

Das Vier-Ebenen-Modell verdeutlicht, wie sich durch die Interaktion verschiedener Bereiche des Gehirns die Persönlichkeit heraus bildet.

Die vier Ebenen sind die vegetativ-affektive Ebene, die emotionale Konditionierung, bewusste Emotionen und die kognitiv-sprachliche Ebene.

Die vegetativ-affektive Ebene ist bestimmend für die Überlebensinstinkte des Menschen. In diesem Areal werden zum Beispiel Stoffwechsel, Schlaf und Kreislauf überwacht. Außerdem werden Empfindungen wie Wut und Libido geregelt.

Die emotionale Konditionierung nimmt bereits kurz nach der Geburt einen erheblichen Einfluss auf unsere Persönlichkeit. Dort lernen wir, positive und schmerzhafte Ereignisse zu unterscheiden und damit umzugehen.

Ebene drei ist für die bewusste Wahrnehmung von Emotionen verantwortlich, die von anderen an uns herangetragen werden. Auf dieser Ebene ist auch das Bauchgefühl, die Moralität und Freuds Über-Ich angesiedelt. Der Formungsprozess der Persönlichkeit auf dieser Ebene dauert ca. 20 Jahre.

Die ersten drei Ebenen befinden sich entwicklungsbiologisch in einem alten Hirnareal, dem limbischen System. Dieses wird auch als „Aligatorenhirn“ bezeichnet und ist der „Ort“ der Gefühle und Affekte.

Die kognitive-sprachliche Ebene des Gehirns ist ein jüngeres Hirnareal, die verantwortlich ist für Wahrnehmung und Intelligenz. Dort haben Verstand, Sprache und Vernunft ihren Platz.

Die Ebenen des Vier-Ebenen-Models interagieren miteinander. Sie senden sich Signale zu, die mittels Neuromodulatoren, Neuropeptiden und Neurohormonen übermittelt werden (besser bekannt z.B. als Adrenalin, Noradrenalin, Serotonin).

Nimmt das Gehirn eine potenzielle Gefahr wahr, so produziert es Noradrenalin und Adrenalin. Wenn eine Frau beispielsweise schwanger ist und Adrenalin ausstößt, so kann das negative Einwirkungen auf das ungeborene Kind haben.

Der Stoff Serotonin wirkt auf den Menschen beruhigend. Diejenigen, die über einen niedrigen Serotoninspiegel verfügen, laufen eher Gefahr, Depressionen und Schlaflosigkeit zu entwickeln. Außerdem neigen sie vermehrt zu körperlicher Gewalt.

Erfährt ein Kind bereits in seiner frühen Kindheit ein psychisches Trauma, so kann die körperliche Fähigkeit zur Selbstberuhigung beeinträchtigt werden.

Die Handlungsweisen der Menschen werden von unterschiedlichen Motiven angetrieben. Es wird zwischen biogenen und soziogenen Motiven differenziert. Erstere regeln Bedürfnisse wie Durst zu stillen und letztere Wünsche wie Zugehörigkeit.

Wenn es um das Thema Lernen geht, spielt das soziogene Motiv eine Rolle. Ziele werden umso intensiver verfolgt, je höher die Chancen sind, diese auch zu erreichen. Genauso maßgeblich ist, wie viel Wert ein solches Ziel für den einzelnen Menschen besitzt.

Motive entwickeln sich entweder unbewusst oder sind zumindest in ihrer primären Entstehung nicht erinnerungsfähig, oder sie entwickeln sich als Ziele bewusst oder werden uns bewusst vermittelt.

Welche Ziele sich jemand setzt, hängt davon ab, um welche Persönlichkeit es sich bei einem Menschen handelt. Unbewusste Motive sollten mit bewusst gesetzten Zielen übereinstimmen. Oft besteht hier allerdings eine Inkongruenz.

Diese Inkongruenz ist der Grund dafür, dass ein Mensch trotz nachgewiesener Erfolge nicht glücklich sein kann. Es mangelt ihm dann an Selbstwirksamkeit und Zufriedenheit.

Schüchterne Menschen, die von ihren Erziehern gefördert werden, sodass sie ein erfolgreiches Studium abschließen und eine steile Karriere erlangen, können selten glücklich werden. Statt eines Platzes in der Öffentlichkeit sehnen sie sich nach Ruhe.

Menschen, bei denen die Ziele und Motive übereinstimmen, haben das gute Gefühl selbstwirksam zu handeln. Dies bedeutet, seine Pläne realistisch einzuschätzen, diese zu verfolgen und sich beim Erreichen darüber freuen zu können.

Da der Mensch mit begrenztem Wissen geboren wird, lernt er sein Leben lang dazu. Zu Beginn muss er herausfinden, wie auf bestimmte Situationen angemessen reagiert werden sollte. Deshalb ist die Fähigkeit zu lernen für das eigene Leben notwendig.

Lernen ist eine universell verbreitete Fähigkeit zur mittel- und langfristigen Anpassung eines Organismus an seine Umwelt.

Sich an Situationen im Laufe der Zeit zu gewöhnen, fällt unter den Aspekt der Habituation. Wir gewöhnen uns umso schneller an gefährlich klingende Geräusche, je öfter wir sie hören. Wiederholungen signalisieren dem Gehirn, das keine Gefahr besteht.

Menschen und Tieren kann es nach Jahren schwerfallen, Ihre Ängste zu überwinden. Obwohl die Zeit gezeigt hat, dass nichts Schlimmes zu erwarten ist, reagieren Sie mit einer automatischen Reaktion. Dieses Verhalten nennt man klassische Konditionierung.

Eine Kontextkonditionierung liegt dann vor, wenn beispielsweise Erwachsene an ihrer früheren Schule vorbeilaufen und sie sofort ein mulmiges Gefühl umgibt. Das Schulgebäude als auslösender Reiz kann schlimme Erinnerungen von früher wecken.

Ein großer Lernerfolg wird dann von Menschen erzielt, wenn sie Taten anderer nachahmen und feststellen, dass sie funktionieren und sich bewähren.

Durch operante Konditionierung lernt ein Mensch, Taten mit positiven Folgen zu wiederholen und solche mit negativen Folgen zu unterlassen.

Die Wissenschaft hat gezeigt, dass es verschiedene Gedächtnisformen gibt: das Wissens- oder Faktengedächtnis, das autobiografische, episodische und emotionale Gedächtnis und das Prozedurale, das Gewohnheiten und Fähigkeiten speichert.

Wenn wir mit neuen Informationen konfrontiert werden, müssen sich diese erst den Weg vom Ultrakurzzeitgedächtnis zum Kurzzeit- bzw. Arbeitsgedächtnis bahnen, bis sie anschließend im Langzeitgedächtnis gespeichert werden.

Eine Information einmal aufgenommen zu haben, reicht leider nicht aus. Wenn wir sie uns nicht regelmäßig vor Augen führen und Tätigkeiten bei einer einmaligen Wiederholung belassen, vergessen wir.

Es ist gut, dass wir unwichtige und insbesondere unangenehme Dinge vergessen, sonst hätten wir nicht den Kopf frei für Neues und Erfreuliches.

Negative Erinnerungen sind diejenigen, die gerne in Vergessenheit geraten dürfen. Allerdings vergessen wir zudem auch positive Erkenntnisse. 20 Minuten nachdem wir etwas gelernt haben, wissen wir lediglich noch 60% davon; nur 15% bleiben langfristig.

Nur wer stetig wiederholt und sich gelernte Inhalte vor Augen führt, wird dieses Wissen auch langfristig behalten und in seinem Leben entsprechend anwenden können.

Der Lehr- und Lernerfolg und damit die Stärke der Verankerung eines Inhaltes oder einer Fertigkeit im Gedächtnis hängen neben der Motivation und dem Fleiß stark von der Aufmerksamkeit ab.

Das menschliche Gehirn ist dazu in der Lage, ein Urteil darüber zu fällen, welche Informationen wichtig und welche unwichtig sind. Dies liegt daran, dass wir täglich eine große Menge an Informationen aufnehmen.

Da wir bei Vorträgen zum Teil mit großen Datenmengen konfrontiert werden, ist es wichtig, zwischendurch Pausen einzulegen. Konzentriert kann nur bis zu einer gewissen Grenze gearbeitet werden, da das Arbeitsgedächtnis irgendwann resigniert.

Die wichtigsten Umweltfaktoren für Intelligenz sind eine positive Bindungserfahrung, ein sensorisch und kognitiv stimulierendes frühkindliches Umfeld und die Ermutigung durch die Eltern.

Intelligenz wird oftmals mit einem gut arbeitenden Arbeits- oder Kurzzeitgedächtnis verbunden. Es herrscht die Ansicht, dass intelligente Menschen Probleme mittels Arbeitsgedächtnis rascher lösen und eine schnellere Auffassung haben.

Untersuchungen zeigen, dass Ungeübte und weniger Intelligente beim Lösen komplizierter Probleme ihre Gehirne mehr beanspruchen als Geübte und Intelligentere.

Die allgemeine Intelligenz eines Kindes lässt sich zahlreichen Studien zufolge, zu 50% auf genetische Faktoren sowie die Umstände während der Schwangerschaft zurück führen.

Ebenso wichtig für die Intelligenz ist das Umfeld, indem Kinder aufwachsen. Eltern mit einer guten Bildung geben diese Erwartungen meistens an ihre Kinder weiter und fördern sie.

Persönlichkeit entwickelt sich in einer engen Wechselwirkung zwischen genetischen Vorgaben, Bindungserfahrung, früher Sozialisation und späterer Erfahrung.

20 IQ-Punkte sind alleine durch Umwelteinflüsse bedingt. Kinder bereits in frühen Jahren zu fördern und spezifische Erwartungen zu hegen, sollte allerdings vermieden werden, da dadurch der Lernhorizont zu weit eingeschränkt wird.

Intelligente Menschen wachsen meist in Familien auf, in der ihnen die Möglichkeit gewährt wird, neugierig zu sein und breit gefächert nachzufragen. Wenn sie dazu noch von liebevollen Eltern unterstützt werden, macht es das zu einer guten Grundlage.

Emotionen haben eine große Wirkung auf den Lernerfolg, da sie die Schulatmosphäre beeinflussen und Beziehungen konkretisieren. Wird großes Vertrauen in die Lehrer und Klassenkameraden gesetzt, so ist ein größerer Lernerfolg möglich.

Emotionale Erlebnisse bleiben uns lange im Gedächtnis. Langeweile hemmt hingegen und ermüdet.

Wissen sollte also so vermittelt werden, dass positive und emotional aufgeladene Erfahrungen gemacht werden können. So bleibt dieses Wissen bzw. die gemachten Erfahrungen lange in Erinnerung.

Die Gedächtnisleistung der Menschen kann auch erheblich durch zu starke Gefühle beeinträchtigt werden. Sie können das Arbeitsgedächtnis behindern, sodass ein Rat beispielsweise lautet, von Gewaltvideos nach der Schule abzusehen.

Um den Schülern die beste Bildung garantieren zu können, ist es notwendig, dass sich Lehrer zu Teams zusammenfinden und Gedanken entwickeln, wie sie neue Unterrichtskonzepte bilden und ausprobieren können.

Bei der Entwicklung von neuen Schulkonzepten sollten Lehrer einige Ratschläge befolgen. Zum einen sollten sie versuchen, als Pädagoge kein Vertrauter der Schüler zu sein, sondern eine Autoritätsperson.

Der Schulstoff sollte nicht von den Schülern ausgewählt werden. Lehrbeauftragte haben hingegen den Weitblick, was ihre Schüler im Leben weiterbringt.

Solange die Schüler nicht Herr der Unterrichtssprache sind und diese beherrschen, wird es für das Gehirn schwierig, Inhalte verstehen und verwerten zu können.

Da es viele Kinder und Jugendliche gibt, die nur mit einem Elternteil aufwachsen und u.a. arbeitslose oder alkoholkranke Eltern haben, liegt es in der Pflicht jedes Lehrers, die Schüler in ihrer Persönlichkeitsentfaltung zu unterstützen.

Den Schülern psychologische Hilfe während der Schulzeit anzubieten, wäre eine positive Hilfestellung, um Methoden zur Selbstberuhigung zu vermitteln und einen Weg zu eröffnen, wie besser mit Stress und negativen Gefühlen umgegangen werden kann.

Lehrer müssen Mobbing verhindern. Weiterbildungen in Persönlichkeitspsychologie und Konfliktmanagement ist für Lehrer unerlässlich, sowohl für die Entwicklung ihrer eigenen Persönlichkeit als auch, um den Schulalltag besser meistern zu können.

In der Schulbildung sollte vermehrt darauf geachtet werden, wie der Unterrichtsstoff vermittelt wird. Sinn bringend ist dabei eine Varianz in der Unterrichtsform wie Einzel-, Gruppenarbeiten und Frontalunterricht.

Weniger Stoff, besser vermittelt, ist wesentlich effektiver als mehr Stoff, schlecht vermittelt.

Um die volle Aufmerksamkeit der Schüler zu haben und ihr Gehirn nicht mit Informationsstrudeln zu überlasten, sind Frontalvorträge so zu gestalten, dass sie nicht länger als 30 Minuten dauern.

Studien haben bewiesen, dass Unterrichtsblöcke von eineinhalb bis zwei Stunden effektiver sind, als 45-minütige Einheiten.

Fachübergreifender Unterricht kann zu einer enormen Bereicherung des Unterrichts beitragen. Dadurch erreichen Schüler ein Gespür dafür, Informationen unterschiedlicher Bereiche in einen Sinnzusammenhang zu bringen.

Bei der Gestaltung von Klassenräumen themenspezifisch zu arbeiten, kann das Lernklima fördern. Daher sollten Lehrfächer in passendenden Unterrichtsräumen stattfinden.